World of Northdeer - Story

  • World of Northdeer



    Es war der Geruch verbrennenden Wachs und das Flackern der kleinen Kerzenflamme, welche ihn zur Ruhe kommen ließ und seine Aufregung vergessen, welche seine Meditation störte.


    Konzentrier dich..

    mahnte er sich selbst, doch es war nicht so einfach wie sonst immer. Etwas störte das empfindliche Gleichgewicht dieser Welt und brachte in alle Ecken des Landes Unheil. Langsam beruhigte sich sein Herz, welches wie donnergrollen in seiner Brust pochte und sein Atem ging gleichmäßig.

    Die Kerzenflamme wuchs und füllte, in wild wechselnden Farben, sein Blickfeld aus. Sie züngelte nach Royd und hüllte ihn in sich ein wie in eine warme Decke, doch verbrannte sie ihn nicht.Es war nur ein kurzer Augenblick in dem seine Sicht verschwamm und sich wieder aufklarte. Bilder erschienen vor seinen Augen. Vergangene Bilder.


    Was ist das?


    Er sah ein baumartigen Golem, durchbohrt von einer knöcherner Klinge, welche von einem üblen Schrecken geführt wurde. Ein Licht.. eine Explosion, welche die Bergspitze auslöschte und das eigenartige Wesen davonschleuderte, doch bevor dies geschah flüsterte der Schrecken dem Golem irgendetwas zu und löste sich dabei in Rauch und Schatten auf. Was konnte solch einen Zauber wirken, um derartiges zu vollbringen? Er sah es nicht..


    Das Bild verschwamm und präsentierte sich in anderen Landen wieder. Ein Dorf. Ein brennendes Dorf an einem Fluss, welches von Untoten Horden überrannt wurden und wer schnell genug war tat gut daran zu fliehen. Eine junge Frau, welche unbeholfen einen Flechtkorb trug in dem ein kleines Kind zu liegen schien, rannte am Ufer entlang. Sie sah sich immer wieder hektisch nach ihren Verfolgern um, welche ihr nach dem Leben trachteten.

    Ein morscher, rostiger Pfeil bohrte sich in ihren Rücken und brachte sie zu fall. Blut spuckend schob die Frau den Korb ins Wasser. Er wurde von der Strömung sofort mitgezogen. Sie sagte etwas. Royd versuchte ihre Lippen zu lesen.


    Es tut mir leid Archy...? War es das?


    Für Royd war es belanglos, doch der Name brannte sich stechend in seine Gedanken ein.


    Wieder änderte sich das Bild und vor seinen Augen bildete sich eine die Burg eines stolzen Ritterordens. Jemand stand in einem Wachturm und läutete wie wild eine Alarmglocke. Bogenschützen und Ritter stürmten halb gerüstet auf die Mauern , während Knappen ihnen folgten und Teile ihrer Ausrüstung trugen. Abermals sah Royd Untote Monster, doch waren es nicht Horden, es war ein Heer, welches die Burg belagerte. Befehle wurden gebrüllt und Katapulte schleuderten brennende Pechkrüge und Steine den Massen entgegen, doch für jedes Monster, welche fiel, nahmen andere seinen Platz ein. Ein junge, er war höchstens sieben Jahre alt, schleifte ein zu großes Schwert hinter sich her und übergab es schnaufend einem der Ritter. Royd konnte hören wie der Ritter den jungen anbrüllte.

    “Verschwinde Atares, du kannst hier nichts ausrichten!”

    Der junge wollte nicht gehorchen, was den Ritter dazu veranlasste ihn grob zu Boden zu stoßen. Er brüllte den jungen erneut an und deutete auf ein Luftschiff, welches an einem hohen Turm festgemacht war. Wiederwillig lief der Junge davon.

    Wo kommen die Untoten überall her? Atares. Abermals brannte sich ein Name schmerzhaft in seinen Kopf ein.


    Ein Schwindelgefühl überkam ihn, als sich das Bild abermals änderte und ihm eine Schar vogelähnlicher Wesen zeigte, welche sich mit gekrümmten Klingen und Krallen an den Füssen auf eine Gruppe Untoter stürzte.


    Wieder Untote?


    Sie zerfetzten die Monster in Windeseile und setzten sich dann wieder ab, bevor andere Gruppen darauf reagieren konnten. Es faszinierte Royd wie sich die Vögel dabei bewegten. Ihr gang glich denen der Menschen und ihre Größe stand diesen in nichts nach, doch waren sie flink wie Wiesel und elegant wie Elfen. Eines dieser Wesen stach dabei heraus und weckte sein Interesse. Anders als die anderen besaß sie weder Schmuck noch sonstige Zierde. Es schien ihr unnötig vorzukommen. Sie war ein Stück kleiner als die anderen, was Royd zu der Annahme führte, dass sie recht jung war, doch er konnte sich nicht sicher sein. Er kannte dieses Volk nicht. Die größeren stießen sie neckisch an und lachten, dabei fiel immer wieder ein Name.


    Womi...


    Erneut stach es in seinem Kopf und das Bild erlosch.

    Er fiel nach vorne und übergab sich heftig hustend. Jemand stand vor ihm und sah besorgt auf ihn herab.

    “Was habt ihr gesehen Meister?”

    Royd wischte sich den Mund an seinem Ärmel ab.

    “Die Untoten erheben sich und schänden diese Welt.. Ein großes Übel hat sie geweckt..”

    Er stand auf und verließ den Raum, dicht gefolgt von Neuankömmling. Fremde Namen gingen ihm durch den Kopf. Namen zu Leuten, welche ihm gleichgültig sein könnten, doch irgendwas ließ ihn dabei zögern.

    “Es gibt etwas, was du für mich tun musst Moco...”

  • Zwanzig Jahre nach dem Fall von Harrogath



    Ein glücklicher Zufall




    Mit matten Augen starrte sie ihr Spiegelbild an, als sie sich grob mit einem Fetzen Stoff wusch. Sie hatte sich anders in Erinnerung, doch wurde ihr Blick von einer ausgehungerten Gestalt erwidert der das blonde Haar filzig über die skeletdürren Schultern hing. Wangenknochen stachen aus ihrem Gesicht und dunkle Ringe hatten sich unter den blauen Augen gebildet. Ein kalter Schauer lief ihr bei dem Anblick über den Rücken und ihr Bauch schmerzte vor Hunger.

    Sie blickte hektisch auf, als sich das Wasser in dem Teich plötzlich kräuselte und ihr Spiegelbild verschwamm. Mit einer geübten Bewegung hatte sie ihren Bogen in der Hand und suchte mit scharfem Blick einen Pfeil entlang das Ufer ab. Ihre Augen weiteten sich und sie ließ den Pfeil fliegen.

    Hungrig starrte sie auf die Wasserrate, welche über einem kleinen Feuer brutzelte. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen und ihr Bauch fing an laut zu gurgeln, als ihr der Geruch gebratenen Fleisches in die Nase stieg. Sie musste sich zwingen ihre Zähne nicht in das rohe Flesch zu schlagen und das Biest, welches sie unter normalen Umständen keines zweiten Blickes würdigen würde, herunter zu schlingen.

    Zu ihrem Unglück waren dies keine normalen Zeiten. Untote plagten die Völker dieser Welt und kamen immer wieder in Heeren zusammen, um eine Stadt zu überrennen und ihre Reihen mit weiteren Leichen zu füllen. Dies taten sie bereits seit Jahren. Immer wieder sah sie sich um, wenn die Blätter der Büsche raschelten, oder ein Ast knackte. Zittrig nahm sie die Ratte vom Feuer in knabberte am das Fleisch von den Knochen ab. Es war nicht viel, doch es war das beste was sie seit Tagen in den Bauch bekam. Fleischsaft tropfte ihr am Kinn hinab und weiter runter, auf ihr rotschwarzes Kleid. Ächzend fiel sie zur Seite, als sich ihr Magen verkrampfte und versuchte sich in die falsche Richtung zu entleeren. Ein leiser Schluchzer quetschte sich durch ihre Kehle.

    Nachdem sich ihr Magen wieder beruhigt hatte versuchte sie es erneut und wieder rebellierte ihr Bauch, doch weit nicht so schlimm wie vorher. Es war erträglich. Sie hatte ihre Mahlzeit halb verzehrt, als Müdigkeit überkam und ihre Augen schwer wurden. Es gelang ihr nicht dagegen anzukämpfen und so lehnte sie sich zurück und schloss die Augen.

    Unruhig war ihr Schlaf. Ein schnauben drang an ihre Ohren und ließ sie hochschrecken. Ihr Schreck war noch viel größer, als sie am Feuer ihr gegenüber eine gerüstete Gestalt sitzen sah, auf deren Knien eine blanke Klinge ruhte.

    Der Krieger schien von ihrer Reaktion selbst erschrocken zu sein und bemühte sich sie nicht noch weiter zu verängstigen. Er hob die Hände von seinem Schwert weg und sprach ruhig zu ihr.

    “Ruhig, ganz ruhig. Ich tu dir nichts...”

    Mit schwer schlagendem Herzen rutschte sich ein wenig weg von dem Fremden und vom wärmenden Feuer, was ihn dazu animierte sein Schwert wegzulegen und auf Händen und Knien ihr hinterher zu kommen.

    “Ganz ruhig, es ist alles in Ordnung. Ich tu dir nichts.. siehst du? Mein Schwert ist weg..”

    Er griff nach einer Tasche und holte ein Zwieback heraus, welchen er ihr anbot.

    “Willst.. Willst du etwas essen? Du siehst aus als könntest du es vertragen..”

    Seine Stimme klang melodisch und einfühlsam. Sie zögerte, riss ihm aber dann den Zwieback aus der Hand und knabberte daran, ohne ihn aus den Augen zu lassen.

    Erneut griff er in die Tasche und holte einen Wasserschlauch heraus, welche er ihr ebenfalls anbot. Sie nahm ihn entgegen, wenn auch nicht so harsch wie den Zwieback und drückte ihn sich an die Brust, während sie kaute.

    Mit offenen Händen rutschte er ein Stück von ihr weg, um ihr ein wenig Sicherheit zu geben und nahm seinen Helm ab. Ein recht ansehnliches, freundliches Gesicht kam zum Vorschein, mit leuchtend blauen Augen. Ein stoppliger Dreitagebart zierte seine Wangen, was ihn älter aussehen ließ als er war. Er strich sich eine Strohblonde Locke aus der Stirn, welche immer wieder zurück sprang was ihn genervt schnauben ließ. Sie musste unwillkürlich grinsen.

    “Ahja, so gefällst du mir besser!”

    Er lächelte freundlich, erhob sich und verbeugte sich theatralisch vor ihr.

    “Man nennt mich Atares, letzter Ritter vom Orden der eisernen Faust, aber meine Freunde nennen mich auch MrPlay!”

    Er machte eine bedeutungsschwere Pause, doch sie sah ihn nur stirnrunzelnd an.

    “Und du bist?...”

    Sie räusperte sich und antwortete knapp und leise.

    “Archery..”

    Stapfende Schritte beschlagener Hufe erregten ihre Aufmerksamkeit und aus den Nebelverhüllten Büschen kamen mehrere Reiter. Sie waren schwer gerüstet und beim näher kommen erkannte sie, dass jeder ein anderes Wappen trug. Sie verlor beim siebten Reiter den überblick. Eine dunkle Stimme rief aus den hinteren Reihen etwas.

    “Schnapp dir den Knochensack und steig auf dein Pferd. Wir werden immer noch verfolgt!”

    Sie horchte auf.

    “Verfolgt? Von wem?”

    Sie brauchte keine Antwort abwarten, als sie in der Ferne fauchendes Gekreische hörte, welches der Nebel nicht verschluckte. Hecktisch schnappte sie sich ihre wenigen Sachen und versuchte zittrig aufzustehen. Ein starker Arm packte sie und ehe sie sich versah saß sie hoch oben zu Ross. Geschickt schwang sich Atares hinter sie und gab dem Rappen die Sporen. Wiehernd bäumte sich das Tier auf und galoppierte los, dicht gefolgt vom Rest der kleinen Gruppe. Unweit ihres Lagers wartete eine weitere Hand voll Krieger auf Pferden. Sie waren leichter gerüstet und trugen Bögen und kurze Schwerter. Einer von ihnen stach dabei besonders heraus. Ein Hüne von einem Mann, gehüllt in Leder und schweren Fellen und von Kopf bis Fuß tätowiert und mit struppigen Bart. Er passte so gar nicht zu der Gruppe, welche sie aufgelesen hatte. Ohne ein Befehl abzuwarten schlossen sich diese Reiter ihnen an und preschten durch den Wald.

    Unbeholfen drehte sich Archery im Sattel um und umklammerte Atares Rücken, um nicht vom Pferd zu fallen. Sie sah ihm über die Schulter, um zu sehen was sie verfolgte, doch außer den anderen Reitern und dem wabernden Nebel zwischen den Bäumen konnte sie nichts erkennen. Die grausigen Schreie kamen näher.

    Je weiter sie kamen um so mehr veränderte sich der Wald um sie herum. Gesunde Bäume wechselten ihren Platz mit abgestorbenen und wo zuvor grüne Büsche zwischen den Bäumen wuchsen begannen diese zu pilzüberwucherten Gestrüpp zu verfaulen. Sie musste schreien, um sich über das donnern der Hufe gehör zu verschaffen.

    “Wo reiten wir hin?”

    Es war der tätowierte Riese, welcher ihr mit einer Stimme antwortete, welche zwei schleifender Mühlensteine glich.

    “Nach Araya, eine wehrhafte Stadt an einem Strom.”

    Sie hatte noch nie von dieser Stadt gehört, doch sie gab sich mit der Antwort zufrieden. Dieser Tage konnte niemand mehr sagen wo noch eine Stadt stand und wo nur noch Ruinen, doch scheinbar kannten diese Leute sich in dieser Gegend aus. Erneut hörte sie die Schreie, doch nicht mehr von weit hinten. Sie waren ganz nah und in den Nebeln hinter ihnen glaubte sie eine Bewegung ausmachen zu können.

    “Ich glaub sie sind direkt hinter uns!”

    Ein paar der Reiter sahen nach hinten, wogegen andere ihre Pferde zu mehr Tempo anspornten. Ihr Kopf zuckte zur Seite, als neben ihnen etwas aus dem Gebüsch sprang und den Reiter hinter ihnen vom Pferd riss. Sie erkannte nicht viel, doch es reichte ihr. Graue Haut, welche zu straff über Knochen gezogen war und ein vorgeschobener Unterkiefer, aus dem gekrümmte Reißzähne wuchsen. Klauenartige Hände begannen noch in der Luft den Reiter zu zerfetzten, doch sie wurden von den Hufen der nachfolgenden Reiter totgetrampelt bevor jemand reagieren konnte. Ein heiserer entsetzter Schrei entstieg ihrer Kehle.

    Die Schar fing an durcheinander zu rufen wo Sichtungen der Bestien gemacht wurden und wer konnte spannte einen Bogen und schoss in den Nebel. Fauchendes Geschrei drang zur Antwort aus dem Nebel hinaus, was Archery als Schmerzensschreie identifizierte.

  • Der Wald wurde lichter und schließlich ließen sie die Bäume hinter sich und jagten auf eine große Wiese. Erst jetzt wurde ihr das Ausmaß ihrer Verfolger bewusst. Sie waren überall. Ganze Rotten rannten auf allen vieren an ihren Flanken entlang und noch mehr waren hinter ihnen.

    Ein mannsgroßer Pfeil schlug neben ihnen in den Bestien ein und erschreckte sie beinahe zu Tode, doch es war das dröhnende Gebrüll, welches sie in Panik versetzte. Ein riesiges baumartiges Wesen krachte in ihre Verfolger hinein und prügelte sie mit einem beinahe genau so großen Hammer zu Brei.

    Sie hörte Atares Rufe nur noch wie aus weiter Ferne, welche auf eine ihnen entgegen kommende Staubwolke aufmerksam machen sollten, doch sie drangen nicht zu ihr durch.

    Gebannt und entsetzt zugleich sah sie, wie das Monster mit seinen Hammer das Erdreich aufwirbelte und Erde und Gestein in alle Richtungen davon schleuderte. Einer dieser Steine brachte ihr Pferd zu Fall…


    Atares sah in Zeitlupe den Boden auf sich zukommen und versuchte sich irgendwie abzurollen, doch er polterte schnell und schmerzhaft mit Archery über den harten Boden.

    Ächzend blieb er liegen wohingegen von dem Mädchen überhaupt kein Geräusch kam.

    Er wollte zu ihr herüber kriechen, um zu sehen ob sie noch lebt, doch der Leichnam einer ihrer Verfolger schlug zwischen ihnen auf dem Boden auf und versperrte ihm den Weg. Schrecken durchfuhr ihn, als er eine dieser Bestien von nahem sah und konnte es als Ghul identifizieren. Ein Wesen zwischen Leben und Tod und nahe zu immer Hungrig nach Menschenfleisch. Unter schmerzen rappelte er sich auf und humpelte zu dem Mädchen hinüber. Sie lebte, doch war sie in einem erbärmlichen Zustand.

    Der vibrierende Boden und Schlachtrufe aus über Einhundert Kehlen lenkte Atares`s Aufmerksamkeit wieder auf die Staubwolke, welche sich ihnen stetig genähert hatte. Schwere Kavallerie aus der nahen Stadt Araya war ihnen zu Hilfe gekommen, doch zweifelte Er, dass es um seinetwillen war. Sie würden sie unter ihren Hufen zu Tode trampeln und er konnte nichts dagegen unternehmen..

    Er zuckte zusammen, als sich ein Schatten auf sie legte und ein Baum vor ihnen in den Boden einschlug. Es dauerte einen Moment, bis er den Baum als ein Bein identifizierte. Ein Bein jenes Monsters, welches so wahnsinnig auf die Ghoule eingedroschen hatte und sie nun vor dem nahen Tod bewahrte. Es brüllte, als es einen toten Ghoul triumphierend den Reitern entgegen reckte, welche kurz darauf mit Lanzen und Gebrüll in die Bestien krachten.


    Nebel waberte vor ihren Augen. Dicht genug, um nur ein paar Schritt weit sehen zu können und doch so lichte, dass sie weit in die Ferne blicken konnte. Stimmen halten in ihrem Kopf. Sie klangen ganz nah und doch irgendwie weit weg.

    „...ganz alleine?…“ Sie blinzelte und sah verschwommene Gesichter über sich, welche sich auflösten und dem blauen Himmel wichen.

    Sonnenstrahlen wärmten ihren Körper und sie räkelte sich im Gras irgendwo im nirgendwo.

    „…halb verhungert…“ Sie streckte sich und gähnte. Wenn diese Stimmen nicht wären, könnte sich sich gut vorstellen ein Nickerchen zu machen.

    Irgendwo weit hinten in ihrem Kopf kamen Zweifel auf. Sie richtete sich auf und sah sich um. Sie befand sich auf einer toten Ebene aus Erde und Stein unter einem grauen Himmel. Ihr Atem bildete weiße Wölkchen, als sie zu frieren begann.

    „...hat sie die Bestien angelockt?“ Die Stimmen klangen schrill in ihrem Kopf und stachen wie kleine Dornen in ihren Gedanken. Sie versuchte zu rufen, doch mehr als ein krächzen brachte sie nicht heraus. Bibbernd setzte sie einen Fuß vor den anderen.

    „…sie wecken und…“ etwas knurrte hinter ihr und als sie sich umblickte erhaschte sie Bewegungen halb verwester Kreaturen in der Dunkelheit, welche sich um sie legte. Panik machte sich in ihr breit und sie versuchte zu fliehen, doch war es, als würden ihre Beine aus Blei bestehen.

    „…ist schwach…“ sabber tropfte von ihren blutigen Reißzähnen. Sie wimmerte vor Verzweiflung, als sich krallen bewehrte Hände um ihre Gliedmaßen legten und sich langsam ins Dunkel zogen… sie schrie…


    Archery schreckte schreiend hoch. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust und Adrenalin flutete ihren Körper. Schwer atmend suchte sie hektisch die Umgebung ab und brauchte einen Moment, um zu realisieren wo sie sich befand. Sie fand sich in einem weichen Bett, welches einen großen Raum dominierte. Teure Möbel standen an steinernen Wänden, welche mit kompliziert gemusterten Bannern behangen waren. Es knackte an einer Seite des Raumes und ihr Blick fiel auf ein kleines Feuer, welches in einem gemauerten Kamin flackerte.

    Eine Stimme meldete sich von der anderen Seite des Raumes und obwohl sie sehr weich und beruhigend klang erschrak Archery fast zu Tode. Sie rutschte hektisch in eine Ecke des Bettes und zog sich Bettdecke bis unter die Nase.

    „Heeeey, es ist alles gut. Du bist in Sicherheit! Niemand tut dir etwas…“ Eine kleine blonde Frau mit petrolfarbenen Augen stand zu ihrer Linken und sah sie mitfühlend an. Kleine Flügel, in der Farbe ihrer Augen, flatterten aufgeregt auf ihrem Rücken. Sie saß sich ans Fußende des Betts und lächelte Archery freundlich an.

    „Du fragst dich jetzt bestimmt wer ich bin und wo du bist, aber glaube mir, alles ist in Ordnung!“ Archery wischte sich eine Träne von ihrer Wange und nickte vorsichtig.

    „Also.“ Die Frau rutschte ein wenig näher an sie heran. „Ich bin Caralatti. Ich versuch mich in diesen schlimmen Zeiten hier als Heilerin und wir befinden uns im Herrenhaus von Lord Emanuel von Araya.“

  • Archery fühlte sich, trotz des schweren Sturzes und zahlreicher Prellungen, so frisch wie schon lange nicht mehr. Caralatti hatte ihr ein Badezuber mit heißem Wasser gefüllt und etwas zu Essen besorgt und nun nach einem Bad und frisch gekleidet, in einem Rot schwarzen Kleid ähnlich dem ihren, löffelte sie eine Schüssel Haferschleim. Es war ein Festmal für ihre Zunge, wobei ein Wurm in ihrem aktuellen Zustand auch ein Festmal gewesen wäre! Zumindest behielt sie ihre Mahlzeit bei sich.

    Neugierde packte sie, welche sie dazu veranlasste schmatzend zur Tür zu schleichen und einen vorsichtigen Blick nach draußen zu werfen. Ihr Blick wanderte einem langen Gang entlang, welcher von Kerzenschein erleuchtet wurde und mit dicken Teppichen ausgelegt war. Stimmen waren am anderen Ende zu vernehmen.

    Leichtfüßig schlich sie voraus und fand sich auf einer Galerie wieder von der aus sie in einen großen Saal blicken konnte. Lange Banner hingen von den Wänden, welche von gekreuzten Schwertern gehalten wurden. Leute standen beisammen, sie zählte mehrere Dutzend, in einer angeregten Unterhaltung vertieft. Sie schienen alle unterschiedlichster Art zu sein. Ritter, Gelehrte und zwei welche wie Magier aussahen. Sie glaubte sogar Atares in der Gruppe ausmachen zu können.

    „Woher wollen wir wissen, ob das Mädchen nicht etwas mit den Bestien zu tun hat? Immerhin fandet ihr sie alleine dort draußen in den Wäldern, in denen es von Ghoulen nur so wimmelt!“ Sie schnaubte empört. War diese Anschuldigung doch eine Unverschämtheit und ausgemachter Blödsinn.

    Unweit der Gruppe entdeckte sie eine riesige Gestalt halb im Schatten stehen. Es war das riesige Wesen, welches sie so erschreckt hatte. Es starrte sie an.

    „Und ich glaube, sollte sie etwas mit den Untoten zu tun haben hätte der Golem sie bereits zu Brei zerquetscht. Das Dunkel zieht ihn wie magisch an, um es zu bekämpfen und dieses Mädchen ist noch am leben!“

    Wie auf ein Stichwort begab sich der Golem zu Archery und sah ihr tief in die Augen. Es schien ihr so, als würde ein helles grünes Licht aus zwei leeren höhlen sie anstarren und eine unnatürliche Intelligenz in ihren Verstand eindringen. Er schnaubte kopfschüttelnd. Eine seiner riesigen Hände nach ihr ausstreckend nahm er sie, erstaunlich sanft, hoch und setzte sie bei der Gruppe in der Halle weiter unten wieder ab. Er murmelte etwas in einer Sprache, welche sie nicht verstand und trottete wieder in den Schatten zurück aus dem er kam, um die Gruppe mit zusammengekniffenen Augen zu beobachten.

    Ein Mann, welcher wie ein Gelehrter aussah meldete sich empört zu Wort.

    „Was soll das heißen – von Schwachsinnigen geleitete Hexenjagd?“

    „Das heißt, dass ihr euch anstellt wie Narren, ohne Hirn und Verstand!“ Der Dritte der Sprach konnte Archery als den tätowierten Krieger identifizieren, welcher sie mit Atares in den Wäldern fand. Hier im Saal wirkte seine Erscheinung mit all den Pelzen und der abgetragenen Lederrüstung genau so fehl am Platz wie das große Wesen.

    „Lasst sie uns auf dem Scheiterhaufen verbrennen! Nur so können wir sicher sein, ob sie ist was sie ist, oder ob sie etwas mit den Untoten zu tun hat und möglicherweise eine Hexe ist!“ Es war die Forderung ein beleibten in Roben gehüllten Mannes um dessen Hals eine Kette mit dem Symbol der hiesigen Kirche hing.

    „Vielleicht sollten wir euch verbrennen und euch in eurem eigenen Saft schmoren lassen, wie das fette Schwein, welches ihr seid Priester!“ Es war Caralatti, welche von der Galerie herab auf den Priester zeigte und noch weiter Beleidigungen folgen ließ.

    Mit einem mal begannen alle gleichzeitig durcheinander zu schimpfen und zu fluchen. Gruppen bildeten sich und Fronten entstanden. In dieser aufgeladenen Stimmung sah Archery wie das Baumwesen die großen Türflügel auseinander drückte und nach draußen in die Nacht entschwand. Es war wie ein unsichtbares Zeichen, welches die Anwesenden dazu veranlasste in einen heftigen Streit zu verfallen in dem Wild geschrien und gestikuliert wurde. Es ging so weit, dass ein berobter Mann mit Halbglatze ihr vor die Füße spuckte worauf hin ein in Pelze gekleideter Krieger ein Beil zog und es diesem, unverständlich brüllend, unter die Nase hielt. Für Archy war dies Anlass genug, um sich aus dem Staub zu machen. Sie suchte sich den nächsten Weg zur Galerie hinauf, von der sie runter gehoben wurde und betrachtete das Specktakel von oben. Mehrere der Leute hatten bereits Waffen gezogen und bedrohten sich brüllend gegenseitig und ein jeder versuchte den anderen zu übertönen. Atares stand zwischen den Gruppen und versuchte mit ausgestreckten Händen zu beschwichtigen, doch der Erfolg blieb wenig überraschend aus. In dieser Auseinandersetzung schien niemand zu bemerken, wie sich ein Teil der ihr schlecht gesonnenen Gruppe zuerst auf sie deutete und sich dann von den anderen löste, um ebenfalls zur Galerie empor zu steigen. Panik machte sich in Archery breit und trieb sie zur Flucht, doch prallte sie nach nur zwei Schritten und pure Muskelmaße. Ängstlich sah sie hoch und blickte in ein zernarbtes Gesicht einer riesigen Frau, welche fast jeden Zentimeter ihrer Haut mit Tätowierungen bedeckt hatte, ähnlich jener ihrer Fürsprecher.

    „Du arme Mädchen.. Wollen böse Männer dich weh tun.“ Ihre Stimme war sehr tief für eine Frau und ehe sie sich versah schob die große Fremde Archery hinter sich.

    „Ich passen auf kleine Mädchen auf wie Fürst von mich gewünscht!“

    Sie baute sich vor den näher kommenden Männern, manche von der Kirche, andere Angehörige eines Ritterordens, auf und streckte ihnen eine riesige Doppelseitige Axt entgegen. Ihre Stimme, eben noch warm und weich, wich einem dunklen grollen.

    „Wer will erst sein der sterben?“


    Das laute brüllen einer neuen Stimme dröhnte durch den Saal und ließ alle Anwesenden verstummen. Archerys Beschützerin schien dies nicht aus der Ruhe zu bringen, ihre Verfolger jedoch dazu veranlassen von der Galerie zu verschwinden. Erstaunt sah sie herab und blickte auf einen Mann, welcher eine dunkle Robe trug, welche mit leuchtenden Symbolen geschmückt war. Dies musste ein Magier sein. Jemand mit Autorität, denn alle, gleich welcher Partei angehörend, verbeugten sich tief vor ihm. Sie wollte hören was er zu sagen hatte, doch verstand sie nicht viel, denn die große Frau packte Archery am Arm und zog sie hinter sich her, weg vom Geschehen.

    „Aus die Augen, aus die Sinn“ murmelte sie.

    Sie hörte noch etwas von Dampfschiff und König von Eras´Tel, doch dann wurde sie in einen Gang gezogen und alles andere wurde undeutlich.

    „W-wo b-bringt ihr m-mich hin?“ Sie stotterte ängstlich, nicht wissend was mit ihr geschehen würde.

    „Ich bringen kleine Mädchen weg von böse Männer an s-s… sicheren. JA! Sicheren Ort!“

    „W-warum hilft du mir?“

    „Die große Fürst hat befohlen und Ulrika gehorchen und jetzt kleine Mädchen still! Wände haben Ohren!“

    Sie wurde durch mehrere Gänge und über mehrere Treppen geführt in einen weiteren großen Saal in dem ein großes Feuer prasselte. Eine Hand voll Männer und Frauen, alle von Ulrikas schlag, saßen dort an Tischen, oder auf Fellen am Boden, welche zuhauf überall verteilt waren. Sie lachten, aßen und tranken und Archery stieg der Geruch von gegrillten Fleisch in die Nase, welcher ihr das Wasser im Mund zusammen laufen ließ.

    Sie verstummten und beobachteten sie neugierig, doch lag in ihren Blicken keine böse Absicht. Ulrika führte Archery an einen leeren Tisch nahe des Feuers und rief den Anwesenden etwas in einer Sprache zu, welche sie nicht verstand, ließ sie mit einem

    „du hier warten“ stehen und verließ den Saal.

    Die Augen der Männer und Frauen, für Archery sahen sie aus wie Barbaren, wurden größer und sie begannen miteinander zu murmeln. Ihr Unbehagen wuchs als sie sich mit hängenden Schultern auf einer Bank an dem Tisch nieder ließ.