Archery fühlte sich, trotz des schweren Sturzes und zahlreicher Prellungen, so frisch wie schon lange nicht mehr. Caralatti hatte ihr ein Badezuber mit heißem Wasser gefüllt und etwas zu Essen besorgt und nun nach einem Bad und frisch gekleidet, in einem Rot schwarzen Kleid ähnlich dem ihren, löffelte sie eine Schüssel Haferschleim. Es war ein Festmal für ihre Zunge, wobei ein Wurm in ihrem aktuellen Zustand auch ein Festmal gewesen wäre! Zumindest behielt sie ihre Mahlzeit bei sich.
Neugierde packte sie, welche sie dazu veranlasste schmatzend zur Tür zu schleichen und einen vorsichtigen Blick nach draußen zu werfen. Ihr Blick wanderte einem langen Gang entlang, welcher von Kerzenschein erleuchtet wurde und mit dicken Teppichen ausgelegt war. Stimmen waren am anderen Ende zu vernehmen.
Leichtfüßig schlich sie voraus und fand sich auf einer Galerie wieder von der aus sie in einen großen Saal blicken konnte. Lange Banner hingen von den Wänden, welche von gekreuzten Schwertern gehalten wurden. Leute standen beisammen, sie zählte mehrere Dutzend, in einer angeregten Unterhaltung vertieft. Sie schienen alle unterschiedlichster Art zu sein. Ritter, Gelehrte und zwei welche wie Magier aussahen. Sie glaubte sogar Atares in der Gruppe ausmachen zu können.
„Woher wollen wir wissen, ob das Mädchen nicht etwas mit den Bestien zu tun hat? Immerhin fandet ihr sie alleine dort draußen in den Wäldern, in denen es von Ghoulen nur so wimmelt!“ Sie schnaubte empört. War diese Anschuldigung doch eine Unverschämtheit und ausgemachter Blödsinn.
Unweit der Gruppe entdeckte sie eine riesige Gestalt halb im Schatten stehen. Es war das riesige Wesen, welches sie so erschreckt hatte. Es starrte sie an.
„Und ich glaube, sollte sie etwas mit den Untoten zu tun haben hätte der Golem sie bereits zu Brei zerquetscht. Das Dunkel zieht ihn wie magisch an, um es zu bekämpfen und dieses Mädchen ist noch am leben!“
Wie auf ein Stichwort begab sich der Golem zu Archery und sah ihr tief in die Augen. Es schien ihr so, als würde ein helles grünes Licht aus zwei leeren höhlen sie anstarren und eine unnatürliche Intelligenz in ihren Verstand eindringen. Er schnaubte kopfschüttelnd. Eine seiner riesigen Hände nach ihr ausstreckend nahm er sie, erstaunlich sanft, hoch und setzte sie bei der Gruppe in der Halle weiter unten wieder ab. Er murmelte etwas in einer Sprache, welche sie nicht verstand und trottete wieder in den Schatten zurück aus dem er kam, um die Gruppe mit zusammengekniffenen Augen zu beobachten.
Ein Mann, welcher wie ein Gelehrter aussah meldete sich empört zu Wort.
„Was soll das heißen – von Schwachsinnigen geleitete Hexenjagd?“
„Das heißt, dass ihr euch anstellt wie Narren, ohne Hirn und Verstand!“ Der Dritte der Sprach konnte Archery als den tätowierten Krieger identifizieren, welcher sie mit Atares in den Wäldern fand. Hier im Saal wirkte seine Erscheinung mit all den Pelzen und der abgetragenen Lederrüstung genau so fehl am Platz wie das große Wesen.
„Lasst sie uns auf dem Scheiterhaufen verbrennen! Nur so können wir sicher sein, ob sie ist was sie ist, oder ob sie etwas mit den Untoten zu tun hat und möglicherweise eine Hexe ist!“ Es war die Forderung ein beleibten in Roben gehüllten Mannes um dessen Hals eine Kette mit dem Symbol der hiesigen Kirche hing.
„Vielleicht sollten wir euch verbrennen und euch in eurem eigenen Saft schmoren lassen, wie das fette Schwein, welches ihr seid Priester!“ Es war Caralatti, welche von der Galerie herab auf den Priester zeigte und noch weiter Beleidigungen folgen ließ.
Mit einem mal begannen alle gleichzeitig durcheinander zu schimpfen und zu fluchen. Gruppen bildeten sich und Fronten entstanden. In dieser aufgeladenen Stimmung sah Archery wie das Baumwesen die großen Türflügel auseinander drückte und nach draußen in die Nacht entschwand. Es war wie ein unsichtbares Zeichen, welches die Anwesenden dazu veranlasste in einen heftigen Streit zu verfallen in dem Wild geschrien und gestikuliert wurde. Es ging so weit, dass ein berobter Mann mit Halbglatze ihr vor die Füße spuckte worauf hin ein in Pelze gekleideter Krieger ein Beil zog und es diesem, unverständlich brüllend, unter die Nase hielt. Für Archy war dies Anlass genug, um sich aus dem Staub zu machen. Sie suchte sich den nächsten Weg zur Galerie hinauf, von der sie runter gehoben wurde und betrachtete das Specktakel von oben. Mehrere der Leute hatten bereits Waffen gezogen und bedrohten sich brüllend gegenseitig und ein jeder versuchte den anderen zu übertönen. Atares stand zwischen den Gruppen und versuchte mit ausgestreckten Händen zu beschwichtigen, doch der Erfolg blieb wenig überraschend aus. In dieser Auseinandersetzung schien niemand zu bemerken, wie sich ein Teil der ihr schlecht gesonnenen Gruppe zuerst auf sie deutete und sich dann von den anderen löste, um ebenfalls zur Galerie empor zu steigen. Panik machte sich in Archery breit und trieb sie zur Flucht, doch prallte sie nach nur zwei Schritten und pure Muskelmaße. Ängstlich sah sie hoch und blickte in ein zernarbtes Gesicht einer riesigen Frau, welche fast jeden Zentimeter ihrer Haut mit Tätowierungen bedeckt hatte, ähnlich jener ihrer Fürsprecher.
„Du arme Mädchen.. Wollen böse Männer dich weh tun.“ Ihre Stimme war sehr tief für eine Frau und ehe sie sich versah schob die große Fremde Archery hinter sich.
„Ich passen auf kleine Mädchen auf wie Fürst von mich gewünscht!“
Sie baute sich vor den näher kommenden Männern, manche von der Kirche, andere Angehörige eines Ritterordens, auf und streckte ihnen eine riesige Doppelseitige Axt entgegen. Ihre Stimme, eben noch warm und weich, wich einem dunklen grollen.
„Wer will erst sein der sterben?“
Das laute brüllen einer neuen Stimme dröhnte durch den Saal und ließ alle Anwesenden verstummen. Archerys Beschützerin schien dies nicht aus der Ruhe zu bringen, ihre Verfolger jedoch dazu veranlassen von der Galerie zu verschwinden. Erstaunt sah sie herab und blickte auf einen Mann, welcher eine dunkle Robe trug, welche mit leuchtenden Symbolen geschmückt war. Dies musste ein Magier sein. Jemand mit Autorität, denn alle, gleich welcher Partei angehörend, verbeugten sich tief vor ihm. Sie wollte hören was er zu sagen hatte, doch verstand sie nicht viel, denn die große Frau packte Archery am Arm und zog sie hinter sich her, weg vom Geschehen.
„Aus die Augen, aus die Sinn“ murmelte sie.
Sie hörte noch etwas von Dampfschiff und König von Eras´Tel, doch dann wurde sie in einen Gang gezogen und alles andere wurde undeutlich.
„W-wo b-bringt ihr m-mich hin?“ Sie stotterte ängstlich, nicht wissend was mit ihr geschehen würde.
„Ich bringen kleine Mädchen weg von böse Männer an s-s… sicheren. JA! Sicheren Ort!“
„W-warum hilft du mir?“
„Die große Fürst hat befohlen und Ulrika gehorchen und jetzt kleine Mädchen still! Wände haben Ohren!“
Sie wurde durch mehrere Gänge und über mehrere Treppen geführt in einen weiteren großen Saal in dem ein großes Feuer prasselte. Eine Hand voll Männer und Frauen, alle von Ulrikas schlag, saßen dort an Tischen, oder auf Fellen am Boden, welche zuhauf überall verteilt waren. Sie lachten, aßen und tranken und Archery stieg der Geruch von gegrillten Fleisch in die Nase, welcher ihr das Wasser im Mund zusammen laufen ließ.
Sie verstummten und beobachteten sie neugierig, doch lag in ihren Blicken keine böse Absicht. Ulrika führte Archery an einen leeren Tisch nahe des Feuers und rief den Anwesenden etwas in einer Sprache zu, welche sie nicht verstand, ließ sie mit einem
„du hier warten“ stehen und verließ den Saal.
Die Augen der Männer und Frauen, für Archery sahen sie aus wie Barbaren, wurden größer und sie begannen miteinander zu murmeln. Ihr Unbehagen wuchs als sie sich mit hängenden Schultern auf einer Bank an dem Tisch nieder ließ.