Epilog
"Herr Moco! Herr Moco! Schnell" schallte es aus dem Gang, welcher in den Thronsaal führte, ich erhob meinen Blick und sah neugierig durch die halboffene, schwere Schwarzeichentür. Es war die Stimme meines engsten vertrauten Beraters, Asa. "Seit fast einem Jahr sage ich dir schon, du sollst mich nur Moco nennen, Asa." rief ich amüsiert. Asa betrat recht forsch den Thronsaal und strauchelte wie so oft über den langen, dunkelgrünen Teppich. An der Stelle hob sich schon der Teppichrand von den vielen Malen. "Richtig, richtig... Moco. Warum gehen wir nicht eine Runde spazieren? Du hast heute noch kaum die Sonne gesehen..." bemerkte er, nicht ohne seinen Blick in Richtung der schweren, zugezogenen Vorhänge des Thronsaals schweifen zu lassen. Ich mag Asa, von mir bekam er den Auftrag, drauf aufzupassen, dass ich nicht zu sehr in Arbeit versinke und mir auch mal gutes tue. "Du hast vollkommen Recht, Asa." Ich stand auf, streckte mich und begleitete ihn aus dem Thronsaal, nach draußen in den Schlossgarten.
Nach einem tiefen Atemzug bemerkte ich wieder, warum ich heute noch nicht draußen war und musste niesen. "Ach stimmt ja, entschuldige Moco. Die Gräser fordern mal wieder ihren Tribut, nicht wahr?" "Ja, ich habe es selbst vergessen, letzte Woche war es noch nicht so schlimm..." antwortete ich. "Es ist echt ein schöner Gedanke." "Was denn?" fragte Asa. "Vor fast einem Jahr bin ich hier angekommen, trat in die Fußstapfen meines Onkels, und nun geht es Araya schon so viel besser! Alle sind so lieb zu mir und ich habe viele Freunde gefunden." "Das stimmt Moco! Du tust unserem Land wirklich einen großen Gefallen mit deiner Anwesenheit. Aber warum klingst du denn so traurig?" fragte Asa. Es hätte auch meine Allergie sein können, doch er kannte mich mittlerweile gut genug, dass er unterscheiden konnte, wann ich nur krank oder wirklich traurig war. "Ich dachte gerade an meine Familie, meine Mutter und meinen Bruder... Noch immer frage ich mich, ob sie am Leben sind, bisher gab es kein Lebenszeichen, nicht mal einen Brief..." Asa legte seine Hand auf meine Schulter. "Es tut mir Leid, dass du so viel durchmachen musstest, Moco. Wo auch immer sie gerade sind, sie sind sicherlich über alle Maße stolz auf dich! Du tust hier, was deine Mutter dich gelehrt hat: Menschen zu helfen und die Welt zu verbessern!" Ich lächelte erleichtert. "Du hast recht, Asa. Und ich freue mich, dass ich hier in Araya meine Lehren anwenden kann!" Ich umarmte Asa fest, er erwiderte es.
Wir gingen wieder ins Schloss, nach ein Paar Schritten blieb Asa stehen. Ich drehte mich zu ihm um. "Stimmt etwas nicht?" Asa erwiderte "Du sagtest doch eben, dass du nun schon fast ein Jahr hier bist. Mist, wie konnte ich das nur vergessen! Ich muss einiges vorbereiten!" Asa flitzte davon und ließ mich mit fragendem Blick zurück. Abends kam er zu mir zurück in den Thronsaal, nicht ohne wieder am Teppich hängen zu bleiben. "Hallo Moco! Es tut mir leid, dass ich vorhin einfach verschwunden bin. Es gibt da noch etwas, was du noch nicht weißt. Einen weiteren Punkt im Testament deines Onkels. Er möchte, dass du etwas erhältst, sobald du ein Jahr über Araya geherrscht hast." Neugierig beugte ich mich aus meinem Sessel vor. "Wovon redest du da, Asa? Ich habe das Testament doch selbst gelesen." Schüchtern holte Asa ein Blatt Papier aus seiner Jackentasche. Ich nieste, wurde doch gerade der Thronsaal gelüftet. "Nun, das war nicht das ganze Testament. Dein Onkel wollte, dass du dies zu festgelegter Zeit erfährst." Er reichte mir den Zettel. Mein Onkel schrieb vor seinem Tod genau einen Satz drauf. "Ein Schwert?" fragte ich neugierig. "Genau, ein Kleinod. Ein Symbol deines Regiments. Es wird an dich vermacht, weil du dich in den Augen deines Onkels als würdig erwiesen hast." Ich brachte kein Wort raus. Nun sollte ich also tatsächlich für meine Taten in Araya geehrt werden?!
In diesem Moment betraten zwei weitere Männer den Saal, einer hielt eine lange Holzschachtel unter dem linken Arm. "Ihr Onkel war ein einfacher Mann, Herr Moco. Gleichzeitig war er aber auch ein begnadeter Waffenschmied, das war seine liebste Freizeitbeschäftigung. Er wollte, dass Sie das hier erhalten, als seine Anerkennung für Ihre zukünftigen Taten. Nun ist die Zeit gekommen." Vorsichtig reichte er mir die Holzschachtel. Als ich sie öffnete, erblickte ich einen Zweihänder. Noch nie habe ich so ein schönes Schwert gesehen. Am Griffende befand sich ein rund geschliffener Smaragd, der Griff selbst aus dunklem Holz, mit eingearbeitetem, filigranem Gold. Mir war unwohl, es in der Hand zu halten, also legte ich es auf ein Kissen neben mir. "Das hier ist das Vermächtnis deines Onkels, Moco. Ist es nicht schön?" "Es ist wunderschön, Asa! Ich wusste gar nicht, dass mein Onkel zu so etwas imstande war!" "Dein Onkel war ein großer Herrscher, aber gleichzeitig ein sehr bescheidener Mann. Er gab nicht oft Dinge von sich Preis, aber wenn er es tat, dann waren es bewundernswerte Eigenschaften." "In der Tat..." antwortete ich, immer noch überwältigt...