... Onkel?
Die grellen Strahlen der Sonne waren es, die mich weckten. Ich fand in einer kleinen Höhle mit großer Öffnung Schutz vor dem Gewitter vom Vorabend. Ich wusste, ich musste weitergehen, als ich merkte, dass sich der Boden, auf dem ich ging, langsam veränderte zu einem befestigten weg. Kurze Zeit darauf kamen mir Planwagen und Bauern entgegen, hin und wieder auch mal Hunde und Katzen. Ich witterte die Gelegenheit, an etwas zum essen zu kommen und folgte weiter dem Weg. Nach einer gewissen Zeit stieß ich auf ein kleineres Haus am Wegrand, und da ich immer noch nicht wusste, in welche Richtung ich gehen muss, um zu meinem Onkel zu kommen, klopfte ich an. Beim Klopfen gab die Tür nach und öffnete sich.
Ich betrat das Haus, um einen alten Mann vorzufinden, der zu diesem Zeitpunkt am Tisch saß und Kartoffeln schälte. Er bemerkte mich im Augenwinkel und ergriff das Wort. "Hm, ich bekomme sonst nie Besucher. Du siehst erschöpft aus." Ich antwortete: "Da hast du Recht. seit Tagen schon bin ich unterwegs, auf der Suche nach meinem Onkel. ich komme aus dem warmen Süden und musste fliehen." "Hört hört. Bitte, setz dich doch, ich mache dir etwas zu essen, und dann erzählst du mir, vor was du geflohen bist." Ich erzählte ihm alles bis ins Detail, von meiner Familie, bis hin zum Tod meines Vaters, dem Unglück auf dem Luftschiff, meinem verlorenen Bruder... "Das zu hören betrübt mich. Du scheinst echt eine schwierige Zeit gehabt zu haben. Wer ist dein Onkel, nach dem du suchst?" "Ich kannte ihn nie persönlich, er ist der Bruder meines Vaters. Ich sollte mit dem Luftschiff in ein Gebiet fahren, über das er zu herrschen scheint. Nur sagt mir der Name dieses Gebietes nicht viel." Ich suchte an mir nach der Fahrkarte und finde sie. "Araya... ein echt seltsamer Name..." sagte ich. Der alte Mann zuckte kurz zusammen, als er das hörte und sah mich mit großen Augen an. "A-aber... dein Onkel ist doch wohl nicht der Herrscher von Araya, oder? Er hat mir damals so viel geholfen, mir das Leben gerettet, mir dieses Haus geschenkt... Es tut mir leid, dass du das von mir erfahren musst, zudem in dieser Situation... Dein Onkel starb bereits vor zwei Jahren infolge einer aggressiven Erkrankung. Seither leben wir in Armut, die einzige Lebensquelle ist die Landwirtschaft, und selbst unsere Bauern werden andauernd von umlegenden Dörfern überfallen und um den Ertrag des Feldes gebracht." Ich saß kurz da und starrte in die Leere. Mein Onkel ist tot? Ich wollte es erst nicht glauben, sah dann aber im Gesicht des Mannes den Kummer, als er das erzählte.
Bevor ich das Wort ergreifen konnte, sprudelte es weiter aus ihm heraus. "Wir müssen dich sofort zum Schloss bringen! Es wird derzeit von den Hofbeamten deines Onkels vor Plünderern beschützt, in der Hoffnung, dass eines Tages der Nachfolger kommt, um uns aus dieser Misere zu retten." Jetzt verstand ich gar nichts mehr. "Moment, weil mein Onkel tot ist, soll ich jetzt über ein komplettes Gebiet regieren? Wie kannst du so etwas von mir verlangen, wo wir uns doch erst seit do kurzer Zeit kennen?" "Ich verlange es nicht von dir. Ich bitte dich nur drum, mir zu folgen und dir anzusehen, wie Araya untergeht, seitdem dein Onkel tot ist. Seit zwei Jahren bereits wartet die Bevölkerung Arayas auf einen geeigneten Nachfolger. Es heißt, dein Onkel hätte auf dem Sterbebett verfügt, dass sein Nachfolger vom eigenen Stammbaum sein soll. Nun bist du da. Ich glaube daran, dass du unsere herbeigesehnte Erlösung bist." Mir hat es die Sprache verschlagen, kein Wort brachte ich raus.
Als ich mich wieder gefangen habe, antwortete ich nur leise: "In Ordnung, bringe mich zu eurem Schloss." "Alles klar, lass uns keine Zeit verlieren." Wir stiegen auf einen Planwagen und der alte Mann trieb sein Pferd an. Inzwischen schlief ich, um mich von der Last der letzten Tage zu erholen. Irgendwann hat mich der alte Mann aufgeweckt mit den Worten "Wir sind da." Neugierig bewegte ich mich nach vorne, um sehen zu können. Ich staunte nicht schlecht. "Moment mal. Du willst mir doch nicht erzählen, dass das da oben das Schloss ist? Das schwebt ja!" "Du hast recht, das da ist das Schloss. Du musst wissen, dein Onkel war zu Lebzeiten einer der größten Magier des Nordens, und noch heute schwebt das Schloss. Wir können es nur durch dieses Tor da vorn erreichen." "In Ordnung, gehen wir."
Wir bewegten uns auf das Tor zu, vor dem eine Wache zu stehen schien. Die Wache versteinerte, als sie mich sah. "D-du... diese Flamme... kann das sein?" Ich verstand die Wache nicht, und bevor ich fragen konnte, redete sie weiter. "Ich öffne dir sofort das Tor, bitte betritt das Schloss." Ich musterte noch die Wache eine Zeit lang, ging dann aber durch das Tor. Ich drehte mich noch mal zu dem alten Mann um und winkte ihm. Er winkte zurück.
Als ich oben ankam, erwartete mich bereits der gesamte Hofstaat. Ich betrat den Raum, der sich als Thronsaal herausstellte. Ein Hofbeamter sprang auf und sagte: "Nach zwei Jahren ununterbrochenen Wartens ist es heute endlich soweit. Seht, er hat eine grüne Flamme an der linken Hand. Unverkennbar ist das das Merkmal, dass er zur Blutlinie des Königs gehört. "Seid gegrüßt." Ich verbeuge mich. "Mein Name ist Moco, ich komme aus dem entfernten Süden weil ich fliehen musste. Meine Mutter sagte mir, ich sei bei meinem Onkel sicher. Nun erfuhr ich, dass mein Onkel gestorben ist." "Das ist wahr. zwei Jahre ist es nun her, dass es unserem Land gutging. Nun bist du, sein Neffe und damit Mitglied seines Stammbaumes, angekommen. Es liegt in deiner Verantwortung, über dieses Gebiet zu herrschen und uns aus dieser Misere zu befreien. Das war es, was dein Onkel, der ehemalige König und Magier von Araya, auf dem Sterbebett verfügte."
Wieder brauchte ich etwas Zeit, mich zu sammeln. Dann sagte ich: "Ich habe mich entschieden. Ich werde diese großen Aufgabe und damit verbundene Verantwortung annehmen." Ich konnte den Hofbeamten die Erleichterung ansehen, sie feierten geradezu.
Monate vergingen, und ich schmiedete Pläne, das Reich Araya wieder auszubalancieren und aufleben zu lassen. Eine befestigte Hauptstadt, Handelsstraßen, auch ein Naturschutzgebiet sollte es geben. Es sollte allen Menschen wieder gut gehen. Meine Mutter legte mir immer die Wichtigkeit ans Herz, für Menschen zu sorgen und für sie eine bessere Welt zu schaffen. Dies konnte ich nun zum ersten Mal in die Tat umsetzen.
- Ende -