Prolog
Könige
Den 30. Tag des Mai, im 371. Jahr der Herrin
Mein lieber Bruder,
der heutige Tag lastet schwer auf meinem Herzen. Unser geliebter Vater, unser Herrscher, ist in der gestrigen Nacht von uns gegangen. Sein Tod versetzen mich und Mutter in tiefste Trauer. Doch während wir um ihn klagen, wächst meine Furcht – nicht nur um unsere Familie, sondern um das ganze Reich.
Ich will Euch nichts verhehlen, mein König: Ich fürchte die Zukunft. Die Völker des Westens fühlen sich vernachlässigt , verraten und unruhe wächst mit jedem Tag. Wir beide wissen zu gut, wie es um unseren besten Waldemar steht. Der Schmerz des Verlustes unseres Vater lastet schwer auf ihm - noch schwerer als zu Vaters Dasein.
Doch nicht nur unser eigenes Blut ist in Gefahr. Das Volk hungert. Die letzte Ernte fiel karg aus und die Bauern sind dazu gezwungen, ihre Tiere zu schlachten, um nichts selbst zugrunde zu gehen. Das Reich ist geschwächt und könnte niemals eine solche Krise überstehen.
Lieber Bruder, Ihr seid der Thronerbe, der nun rechtmäßige König, doch allein steht Ihr im Rat. Unser Vater war es, der die Fürsten zusammenhielt. Er war es der unseren Bruder im Westen zu besänftigen vermochte. Auch wenn Waldemar noch immer seinen Groll nicht beiseite legt, auf das Ihr anstelle seiner Thronprinz wurde, so bitte ich Euch das Gespräch zu suchen.
Ich flehe Euch an, mein König: Ruft ihn zu Euch. Beratet Euch mit ihm, sucht eine Einigung, ehe es zu spät ist. Denn wenn Bruder gegen Bruder steht, wenn das Reich ins Chaos fällt – dann wird niemand mehr da sein, um uns zu retten.
Erhört mein Flehen, mein König. Ich bitte Euch, um unseres Vaters willen, um unserer Familie willen – und um des Reiches willen.
In tiefster Sorge und ehrfürchtiger Treue,
Euer Bruder und getreuer Diener,
Prinz Wille